Recherche: Harald Hanke
Vortrag am 12. September 2021 bei der Gedenkfeier zur Verlegung von Stolpersteinen für Karl Ernst und Alois Liebrich in Kaiserslautern von Harald Hanke.
Ernst Karl Liebrich war der Vater der FCK-Spieler Werner und Ernst Liebrich. Beide wurden 1951 und 1953 Deutsche Fußballmeister. Werner 1954 sogar Fußballweltmeister. Alois Liebrich ist der jüngere Bruder von Ernst Karl Liebrich. Markwart Herzog schreibt in seinem Buch „Der Betze unterm Hakenkreuz“:
„Die Liebrichs sind die einzige FCK-Familie, in der sich mit Vater Liebrich ein Clubmitglied nachweisen lässt, das zum politischen Widerstand gegen die NS-Diktatur gehört hat.“[1]
Ernst Karl Liebrich wurde am 1. Juli 1901 in Kaiserslautern geboren. Die Familie lebte in Kaiserslautern auf dem „Kotten“. Ernst Karl war gelernter Gipser und Stukkateur. 1923 heiratete er, die aus Kaiserslautern stammende, Erna Pelloth. Sie hatten zwei Söhne, Ernst und Werner. Nach dem Tod von Erna (11.06.1949) heiratete er ein Jahr später, die verwitwete Elfriede Schubert. Am 30. Januar 1969 starb Ernst Karl Liebrich.
Sein Bruder Alois wurde am 11. Juli 1904 in Kaiserslautern geboren und starb am 12. Juni 1964 in Landstuhl. Er übte den Beruf des Schneiders aus und heiratete 1942, die aus Ramstein stammende, Elisabeth Meisinger. Die Ehe blieb kinderlos.
Bereits im Oktober 1932 trat Ernst Karl der KPD bei und wurde im Dezember 1932 „Kassierer“. Nach der Machtergreifung der NSDAP beauftragte die Mannheimer KPD-Bezirksleitung Philipp Bertel, mit dem Besuch der KPD-Gruppe in Kaiserslautern, Pirmasens, Kusel und Dahn. Bertels Aufgabe war es die dortigen KPD-Ortsgruppen aufrechtzuerhalten bzw. neue Mitglieder zu gewinnen. Bei den Besuchen in Kaiserslautern übernachtete er bei Ernst Karl und seiner Ehefrau Erna Liebrich in der Schützenstraße 53. Ernst Karl beteiligte sich an der Reorganisation der KPD-Ortsgruppe Kaiserslautern und war neben den Finanzen auch für die Entgegennahme von Weisungen und Propagandamaterial aus Mannheim zuständig. [2] Zudem engagierte sich Ernst Karl in der KPD-Widerstandsgruppe um Emil Hamberger. Die Anschrift des Vaters von Ernst Karl Liebrich, Hasenstraße 37 in Kaiserslautern, diente damals als Deckadresse für Zusendungen von Propagandaschriften und Sendungen, die u.a. in Geheimschrift verfasst wurden. [3]
Sein jüngerer Bruder Alois war nie Parteimitglied, unterstützte jedoch das politische Engagement seines 2 Jahre älteren Bruders. Es war seine Aufgabe, die an die Anschrift des Vaters kommende Post abzufangen und an seinen Bruder Ernst Karl weiterzuleiten.
Nach der faschistischen Machtübernahme am 30. Januar 1933 kam es in der Folgezeit in Kaiserslautern zu zahlreichen Hausdurchsuchungen und Verhaftungen u.a. von Kommunisten, wovon auch die Brüder Liebrich betroffen waren.
Durch die Denunziation eines Mitglieds der NSDAP, welcher im selben Haus wie Ernst Karl Liebrich wohnte, erfuhr die Polizei vom Schriftwechsel der KPD-Widerstandsgruppe mit der KPD-Bezirksleitung Mannheim. Am 23. Oktober 1933 wurde Ernst Karl verhaftet.
In einem ersten großen Prozess wurden am 22. März 1934, 7 Kommunisten der Kaiserslauterer Widerstandsgruppe wegen der „Vorbereitung zum Hochverrat“, zu Gefängnisstrafen verurteilt.[4] Zur Gruppe gehörten neben den Kaiserslauterern Gustav Braun, Emil Hamberger, Alois und Ernst Karl Liebrich auch Philipp Bertel (Lampertheim), Otto Groß (Altenglan) und August Heiser (Pirmasens). [5]
Ernst Karl Liebrich wurde zu einer Gefängnisstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten verurteilt. Im Urteil wurde festgehalten:
„Ernst Karl Liebrich Beteiligung an der Tat war wesentlich stärker als die des Hamberger und Braun, er hat insbesondere immer den Bertel beherbergt, ihm die Genossen zugeführt und seinen eigenen Bruder in die Sache hineingezogen.“[6]
Alois Liebrich wurde zu 5 Monaten Gefängnis „wegen eines Verbrechen der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“ verurteilt. Im Urteil heißt es:
„Gegen Groß und Alois Liebrich, die beide nicht vorgestraft sind und sich nicht im besonderen Maße und nur mit Gehilfenvorsatz beteiligt haben, wurden je Gefängnisstrafen von 6 bzw. 5 Monaten ausgesprochen.“[7]
Die Urteile von Ernst Karl und Alois wurden 1949 bzw. 1950 aufgehoben. [8]
Der älteste Sohn von Ernst Karl Liebrich berichtet:
„Nach der Verhaftung stand Mutter allein mit 2 Buben, es war wohl die härteste Zeit in ihrem kurzen Leben, wir waren auf die Hilfe von Verwandten und Bekannten angewiesen, vor allen Dingen waren wir wie geächtet, Söhne eines ehemaligen Kommunisten zu sein, war in der Aufstiegskurve zum tausendjährigen Reich wie eine Brennnessel im englischen Rasen.“ [9]
Referenzen
[1] Herzog, Der Betze unterm Hakenkreuz, S. 231
[2] Sonderdruck „Jahrbuch für Pfälzische Geschichte und Volkskunde“, S. 268
[3] Landesarchiv Speyer, H 91 Gestapoakte 3973 und 10149
[4] VVN-BdA Kaiserslautern, Zeittafel
[5] Landesarchiv Speyer, H 91, Gestapoakte 3973
[6] Landesarchiv Speyer, H 91 Gestapoakte 3973 und 10149
[7] Landesarchiv Speyer, H 91 Gestapoakte 3973 und 10149
[8] Herzog, Der Betze unterm Hakenkreuz, S. 231
[9] Herzog, Der Betze unterm Hakenkreuz, S. 231