Biografie Familie Herze

Recherche: Dr. theol. Doris Lax, Geisenbergstraße 26, 66892 Bruchmühlbach

Hannelore Herze

Geboren am 19. Juli 1933 in Kaiserslautern
Gestorben am 8. Dezember 1940 in Gurs, Frankreich

Hannelore Herze war die zweite Tochter von Jakob und Lydia Herze, geb. Horn, und wurde am 19. Juli 1933 in Kaiserslautern geboren.

Mit ihrer gesamten Familie wurde sie am 22.10.1940 nach Gurs deportiert, erkrankte dort an Diphtherie und starb am 8.12.1940 im Lager Gurs.

Bild: Hedwig und Hannelore Herze (ca. 1935)

Hedwig Herze

Geboren am 23. Januar 1931 in Kaiserslautern
Gestorben 1974 in Kaiserslautern

Hedwig, genannt Hedi, Herze war die älteste Tochter von Jakob Herze und Lydia, geb. Horn und wurde am 23.1.1931 – noch vor der offiziellen Heirat ihrer Eltern, in Kaiserslautern geboren. Obwohl die Mutter katholisch war, wurden sie und ihre Schwester offiziell als Jüdinnen geführt.

Zusammen mit ihren beiden jüngeren Schwestern, den Eltern und den Großeltern Herze wurde sie am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert.

Wahrscheinlich am 26. Februar 1941 wurde sie mit 49 anderen Kindern von der OSE (Oeuvre de secours aux enfants) von Gurs in das Kinderheim Maison des Pupilles in Aspet (Haute Garonne) gebracht.

Am 28. Januar 1948 kehrte sie nach Kaiserslautern zurück, wo sie am 27. August 1949 Oskar L. F. Ebling heiratete, mit dem sie zwei Kinder hatte. Sie starb 1974 in Kaiserslautern.

HedwigHerzeVordereReihe6vonRechts
Gruppenbild mit Kindern im Kinderheim Aspet, Hedi Herze: vordere Reihe, 6. von rechts
Gruppenbild mit Kindern im Kinderheim Aspet, Hedi Herze: rechter Bildrand
Hedi Herze, Archivbild Yad Vashem

Hugo Herze

Geboren am 29. Juli 1870 in Randerath, heute Stadtteil von Heinsberg, NRW

Gestorben am 04. Februar 1943 in Noé, Frankreich

Hugo Herze, Sohn des Kaufmanns Hermann Herze und seiner Frau Helene Liefgens, ent- stammte einer alteingesessenen und angesehenen jüdischen Kaufmannsfamilie in Randerath, deren Leinenweberei bis Ende des 19. Jahrhunderts die größte Firma der Gegend war. Hugo heiratete am 20. Oktober 1894 Johanna Jakob (s.u.) in Eßweiler, Kreis Kusel, mit der er 7 Kinder hatte, darunter Jakob Herze.

Johanna Herze, geb. Jakob/Jacob

Geboren am 15. September 1874 in Eßweiler, Kreis Kusel
Gestorben am 5. März 1943 in Noé, Frankreich

Johanna Herze, geborene Jakob, entstammte ihrerseits einer jüdischen Kaufmannsfamilie aus Eßweiler, wobei der Vater Lazarus Jakob aus Tholey zugezogen war, die Mutter Barbara Franck aber einer alteingesessenen jüdischen Familie entstammte. Die Eltern Lazarus und Barbara lebten seit 1902 im Gebäude der ehemaligen Synagoge, die mangels Gemeindemit- gliedern geschlossen worden war.

Johanna war die älteste von fünf Töchtern. Sowohl von möglichen weiteren Geschwistern als auch von drei ihrer Schwestern, die schon vor 1933 nach Brooklyn und Chicago emigrierten, gibt es keine weiteren Belege. Die jüngste Schwester Hedwig Geismann, deren Mann im 1. Weltkrieg gefallen war, lebte ebenfalls in Kaiserslautern und wurde nach Gurs deportiert; sie gilt als verschollen.

Das Ehepaar wohnte vorübergehend in Eßweiler, wo die drei ältesten Kinder Leo (17.7.1895- 31.8.1914), Adolf (13.12.1896-6.3.1943) und Arthur (16.8.1898-Februar 1940) geboren wurden. Der vierte Sohn, Jakob (13.2.1901-27.4.1941), wurde in Neunkirchen-Daun – auf dem Han- delsweg von Aachen in die Pfalz gelegen – geboren.

Seit Oktober 1902 lebte die Familie in Kaiserslautern, wo auch die weiteren drei Kinder ge- boren wurden: Sohn Wilhelm (geb. 22.1.1903, 1934 über Paris und Paraguay nach New York emigriert, wo er 1986 starb), Tochter Hedwig (geb. 12.5.1909; 1934 ebenfalls über Paris zu- nächst nach Paraguay, dann Argentinien emigriert, wo sie 1983 starb) und Sohn Erich Hermann (geb. 5.7.1914; 1939 emigriert nach Malmö/Schweden; er starb 1999 in Kaiserslau- tern bei einem Besuch seiner Tochter).

Hugo Herze war von Beruf Kaufmann und als Handelsreisender – bis zum Umzug der Fa- milie, so lassen die Quellen vermuten, im Dienste einer oder mehrerer Firmen im Gebiet um Randerath, wo die Familie lange Zeit gemeldet war – unterwegs. In Kaiserslautern arbeitete er schließlich als Handelsvertreter der Firma Pfaff.

Die Familie lebte zunächst in der Jägerstraße 27 und ab November 1930 in der Luitpoldstr. 71 (heute: Dr. Rudolf-Breitscheidt-Str.). Zuletzt war das Ehepaar Hugo und Johanna Herze ineinem der sogenannten Judenhäuser in der Klosterstraße 21 gemeldet, von wo es nach Gurs deportiert wurde. Versuche, mit den in die USA emigrierten Schwestern Johannas den schon lange abgerissenen Kontakt wieder herzustellen, um durch den Erhalt eines „Affidavit“, einer Einreiseberechtigung in die USA, selbst emigrieren zu können schlugen fehl, sei es, weil die Schwestern nicht antworten wollten oder weil die Ansuchen wegen falscher Adressen nie zugestellt werden konnten.

Beide Eheleute wurden wurden am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert und am 21. Februar 1941 von Gurs nach Noé verbracht, wo Hugo Herze am 04. Februar 1943 starb. Johanna Herze überlebte ihren Mann um einen Monat: sie starb am 05. März 1943 in Noé.

Johanna und Hugo Herze

Jakob Herze

Geboren am 31. Februar 19001 in Neunkirchen-Daun, Eifel
Gestorben am 15. April 1941 in Gurs, Frankreich

Jakob Herze wurde als vierter Sohn des Ehepaars Hugo Herze und Johanna, geb. Jakob in Neunkirchen in der Eifel, heute Ortsteil von Daun, geboren. Daun lag auf einer alten Handelsroute, die von Norden und Westen herkommend die Region um Aachen, woher der Vater stammte, und die Region um Kusel im Süden verband. Jakobs Mutter entstammte einer alteingesessenen jüdischen Familie aus Eßweiler, das an der Handelsroute lag. Jakobs Vater Hugo stammte aus Randerath (heute Heinsberg) und war Handelsvertreter. Die drei älteren Brüder Leo, Adolf und Arthur waren in Eßweiler geboren worden, wo die Familie vorübergehend gelebt hatte. Ob Jakob auf der Reise von Eßweiler nach Randerath oder auf dem Weg nach Eßweiler zur Welt kam, ist nicht zu klären.

Wiewohl die Eltern erst ab 5. April 1907 als wohnhaft in Kaiserslautern gemeldet waren, ist als Meldedatum für Jakob bereits der 8.10.1902 zu finden. 1903 wurde Bruder Wilhelm, genannt Willi, 1909 Schwester Hedwig und 1914 Bruder Erich Hermann geboren. Die Familie lebte in Kaiserslautern zunächst in der Jägerstr. 27 und ab 1930 in der Luitpoldstr. 71 (heute: Dr. Rudolf-Breitscheidt-Str.). Über den beruflichen Werdegang von Jakob Herze ist nur bekannt, dass er Schneider war; auf seiner Meldekarte ist zusätzlich die Berufsbezeichnung Kaufmann eingetragen.

Am 6. Juni 1931 heiratete er Lydia Horn, bei deren Familie er seit Januar 1931 lebte. Das Ehepaar Lydia und Jokob Herze hatte vier Töchter: Hedwig (geb. am 23.1.1931), Hannelore (geb. am 19.7.1933), Anna Helene (geb. am 5.12.1935, gestorben am 3.6.1939) und Ruth (geb. am 30.6.1939). Jakob Herze wurde wie viele andere in der Folge der Reichspogromnacht am 12. November 1938 im Konzentrationslager Dachau interniert, wo er seinen jüngsten Bruder Erich, der als Gärtner bei Heilbronn gearbeitet hatte und ebenfalls interniert worden war, traf. Jakob Herze wurde am 10. Dezember 1938 wieder nach Hause entlassen.

Zusammen mit seiner Frau und den drei noch lebenden Töchtern wurde er am 22. Oktober nach Gurs deportiert, wo er im April 1941 starb – laut einem Eintrag im Personenstandsregister am 15., entsprechend einem weiteren Eintrag und laut Mitteilung des Sonderstandesamtes Arolsen, Kreis Waldek am 27.4.1940. Auf seinem Grabstein in Gurs finden sich keine genauen Angaben.

Lydia Herze, geb. Horn

Geboren am 29. März 1912 in Kusel
Gestorben am 16. August 1962 in Kaiserslautern

Lydia wurde am 29.3.1912 als Tochter von Michael Horn und Katharina, geb. Klingel in Kusel geboren und war katholisch. Die Familie zog am 7.5.1928 aus Gimmeldingen nach Kaiserslautern in die KellerstrA?E 9.

Wann die Familie in die Wohnung am Marienplatz 4 umzog und wann der Vater Michael Horn starb, ist unklar, jedoch war Jakob Herze dort als wohnhaft bei Familie Horn seit 6. Januar 1931 gemeldet. Lydia Horn und Jakob Herze heirateten am 6. Juni 1931; die älteste Tochter Hedwig wurde am 31. Januar 1931 geboren. Nach der Geburt der zweiten Tochter Hannelore (19.7.1933) zog die Familie am 10. April 1934 zu Jakobs Eltern in die Luitpoldstraße 71 und mit ihnen am 5.5.1937 in die Klosterstraße 21. Zuletzt gemeldet war die Familie von Jakob und Lydia Herze ab 18.12.1939 in der Gaustraße 3.

Die dritte Tochter Anna Helene (geb. am 5.12.1935) starb am 3. Juni 1939. Drei Wochen danach wurde die jüngste Tochter Ruth am 30.Juni 1939 geboren.

Der mehrmaligen Aufforderung von Seiten offizieller Stellen, sich von ihrem jüdischen Mann loszusagen, kam Lydia Herze nicht nach. Sie wurde zusammen mit ihrem Mann und ihren drei Töchtern am 22.10.1940 nach Gurs deportiert.

Da Lydia Herze katholisch getauft worden war, wurde sie aus Gurs nach Kaiserslautern zurückgeschickt, wo sie zur Zwangsarbeit verpflichtet wurde und von 5. Februar 1943 bis 7. Oktober 1944 in der Kellerstraße 9, bei ihrer Mutter lebte. Zwischen Oktober 1944 und Juli 1945 lebte sie in Hamburg-Altona, kehrte dann zurück nach Kaiserslautern, wo sie zunächst in der Sängerstraße 2 und schließlich in der Alberichsbergstraße 14 lebte.

Nur zweieinhalb Jahre, nachdem sie am 29.3.1960 Kurt Nagel geheiratet hatte, verstarb Lydia am 16.8.1992 in Kaiserslautern.

Ruth Herze

Geboren am 30. Juni 1939 in Kaiserslautern

Gestorben 2008 in Frankreich

Ruth Herze wurde am 29. Juni 1939 als jüngste von vier Töchtern von Jakob und Lydia Herze geboren. Nur drei Wochen vor ihrer Geburt war ihre 1935 geborene Schwester Anna Helene gestorben.

Sie wurde zusammen mit ihren beiden älteren Schwestern, ihren Eltern und jüdischen Großeltern Herze am 22.10.1940 nach Gurs deportiert.

Ihre 7-jährige Schwester Hannelore starb nach wenigen Wochen im Lager Gurs. Ihre älteste Schwester Hedwig wurde im Februar 1941 von der OSE in ein Kinderheim nach Aspet gebracht, während die eineinhalbjährige Ruth von Blanche Raphael, Kinderkrankenschwester und Résistance-Akitvistin, in ein Kinderheim nach Limoges gebracht wurde. Sie blieb dort, offenbar ohne Wissen ihrer Mutter, bis Blanche Raphael und ihr Mann Max Teichert sie zu sich in ihr Heim in Phalsbourg bei Saverne holten und als ihre Adoptivtochter großzogen.

Ruth wusste lange Zeit nichts über ihre Herkunft und über die Tatsache, dass sowohl ihre Mutter als auch ihre Schwester noch lebten. Erich Herze, der jüngste Bruder ihres Vaters Jakob, fand sie schließlich und nahm mit ihr Kontakt auf. Durch Erich Herze vermittelt reiste ihre Mutter Lydia schließlich um 1950 nach Phalsbourg, um ihre jüngste Tochter zu sich zu holen. Dies wurde allerdings von den Pflegeeltern vereitelt.

Das Verhältnis zwischen Ruth Herze und ihrer leiblichen Mutter blieb schwierig, hingegen hatte sie guten Kontakt zu ihrer älteren Schester Hedi und ihrem Onkel Erich, den sie mehrmals in Malmö, Schweden, wohin er 1939 geflüchtet war, besuchte. Um 1960 zog Ruth nach Nimes und erlernte den Beruf der Kinderkrankenschwester. Sie zog dann nach Boulogne bei Paris und später dann nach Cagnes-sur-Mer bei Nizza, wo sie 2008 starb.

Verwendete Quellen:

A) Unterlagen im Stadtarchiv Kaiserslautern:
– Familien-Einwohner-Register Jakob Herze
– Personenstandsregister Lydia Herze, geb. Horn
– Familien-Einwohner-Register Hugo Herze

B) Im Internet:
www.statistik-des-holocaust.de (Deportationslisten; Februar 2014)
www.gurs.free.fr (Gefangenenlisten; Februar 2014)
www.ushmm.org (Holocaust Survivors and Victims Database; Februar 2014)
www.collections.ushmm.org (Photoarchiv)
www.yadvashem.org (Datenblätter)
www.essweiler.de (Homepage der Gemeinde Eßweiler mit zahlreichen detaillierten Angaben zur Geschichte der jüdischen Gemeinde)
www.randerath.de (Homepage des Ortes Randerath mit zahlreichen geschichtlichen Details
zur Geschichte der jüdischen Bevölkerung)

C) Bücher/Artikel:
– Paquet, Alfred: Ortsfamilienbuch „Die Familien der Gemeinde Eßweiler seit 1798“. Familien- und Personenbericht. Digitalfassung (freundlicherweise vom Autor in digitaler Fassung – Auszüge – zur Verfügung gestellt)
– Paul, Roland: Interview mit Erich Herze 1994, unveröffentlicht (freundlicherweise von R. Paul zur Verfügung gestellt)
– Paul, Roland: Die nach Gurs deportierten pfälzischen Juden. Eine Dokumentation. Kaiserslautern 2011, S. 70 (auf CD-Rom)
– Franken, Heinz: Pfarre St. Lambertus Randerath. Die 1000jährigen Kirchengeschichte in Wort und Bild. Heinsberg-Randerath 2010 (vergriffen; Auszüge/Kopien freundlicherweise vom Autor zur Verfügung gestellt)
– Haubrock, Friedrich: „Die Juden in Randerath. Ein Stück Industriegeschichte des Selfkants“, in: Kalenderblatt Randerath, S. 295 (um 1960). Kopie (freundlicherweise von H. Franken zur Verfügung gestellt)
– Peters, Dieter: Die jüdischen Friedhöfe in Randerath (Broschüre). Aachen/Randerath 1997 (Kopie freundlicherweise durch H. Franken mit Genehmigung des Autors zur Verfügung gestellt)
– Pinto, Santosh: „Jüdische Gemeinde“, in: Unsere Heimat. Heinsberg-Randerath 1982, S. 117-119 (Kopie freundlicherweise von H. Franken zur Verfügung gestellt)

D) Gespräche /E-mail:
– Gespräch mit Frau Anita Jörg, geb. Herze, am 12.3.2014 in Kaiserslautern-Mölschbach
– E-Mail-Korrespondenz mit Herrn Dieter Hahn, Eßweiler (02-03 2014)
– E-Mail-Korrespondenz mit Herrn Adolf Paquet, Eßweiler (02-03 2014)
– E-Mail-Korrespondenz mit Herrn Heinz Franken, Heinsberg-Randerath (02-03 2014)
– E-Mail-Korrespondenz mit Herrn Dieter Peters, Aachen (02-03 2014)

E) Bildnachweis:
– Hedwig und Hannelore Herze, Privatbesitz Frau Anita Jörg, geb. Herze (freundlicherweise zur Verfügung gestellt)
– Gruppenbild mit Kindern im Kinderheim Aspet (Hedwig Herze, vordere Reihe, 6. von rechts): http://digitalassets.ushmm.org/photoarchives/detail.aspx?id=27744 (15.3.2014)
– Gruppenbild mit spielenden Kindern im Kinderheim Aspet (Hedwig Herze: rechter Bildrand): http://digitalassets.ushmm.org/photoarchives/detail.aspx?id=1168920 (15.3.2014)
– Archiv-Bild Hedi Herze: http://collections1.yadvashem.org/arch_srika/500-1000/500-1000/926_21A.jpg (15.3.2014)
– Ehepaar Hugo und Johanna Herze, Privatbesitz Frau Anita Jörg, geb. Herze (freundlicherweise zur Verfügung gestellt)
– Gruppenbild männlicher Insassen vor einer Baracke in Gurs (Hugo Herze: vorn, 3.von rechts): http://digitalassets.ushmm.org/photoarchives/detail.aspx?id=1043135 (15.3.2014)
– Gruppenbild weiblicher Insassen vor einer Baracke in Gurs (Johanna Herze: rechts außen): http://www.ushmm.org/wlc/en/media_ph.php?MediaId=515 (15.3.2014)