Biografie Familie Roelen

Recherche: Georg Emme

Leopold Roelen wird am 28.03.1866 in Saarlouis geboren und heiratet Karoline Straß (1876-1963) am 02. Dezember 1902 in Sembach. Gemeinsam mit den Kindern Jakob (geb. 1903), Johanna (geb. 1905) und Selma (geb. 1907) leben sie zuletzt in der Steinstraße 26 in Kaiserslautern. Auch für Selma wurde ein Stolperstein gelegt. Sie ist am 19.02.1938 gestorben an Entrechtung.

Jakob Roelen (1903-1943) wird am 23.12.1903 in Kaiserslautern geboren. Über seine Jugend und Schulzeit ist nichts bekannt. Er erlebte in seiner Jugend turbulente Zeiten, die auch in Kaiserslautern zu spüren waren. Die französische Besetzung nach dem 1. Weltkrieg und die Zugehörigkeit zum Saargebiet bis 1930 hatte Auswirkung auf Kaiserslautern. Das Adressbuch der Stadt nennt für Jakob Roelen den Beruf „Friseur“. Es ist leider nicht nachvollziehbar, ob er tatsächlich in diesem Beruf auch gearbeitet hat. Das Friseurgewerbe veränderte sich in den 20er Jahren auch durch die großen und weitreichenden Erfindungen. So war 1909 der „Fön“ bei AEG auf den Markt gekommen, damit auch die Erfindung der Dauerwelle. Neu war auch, dass die Friseure nicht mehr zu den Kunden kamen, sondern Salons entstanden. Jakob Roelen hatte also einen Beruf, der dem Modetrend folgte.

Kennkarte Familie Leopold Roelen aus dem Stadtarchiv Kaiserslautern

Auf der städtischen Kennkarte ist vermerkt, dass Jakob Roelen „auf Wanderschaft“ gegangen ist. In kurzen Abständen taucht er in Homburg/Saar und Grünstadt auf. Als unverheirateter und kinderlose Mann finden wir den nächsten Eintrag 1934 aus Lüttich in Belgien. Jakob Roelen hat hier die belgische Staatsbürgerschaft beantragt. In Belgien  erlebte er aber, wie in Deutschland auch, Ausgrenzung, Berufsverbot und einen ausgeprägten Antisemitismus. Das Thema Auswanderung war auch in der Familie Roelen ein Thema: Schwester Johanna emigriert schon 1930 in die USA. Sie stirbt am 25. August 1996 kinderlos als Johanna Gordon in New York. Ihr Grab befindet sich auf dem Mount Carmel Cemetery.

Die Flucht aus Deutschland nach Belgien schützte jedoch Jakob Roelen nicht vor der Deportation. Nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht wird auch hier die jüdische Bevölkerung terrorisiert. Er gehörte zu den über 5000 Juden in Belgien, die bei Razzien festgenommen wurden. Gemeinsam mit vielen anderen belgischen Juden wird Jakob Roelen nach Gurs abtransportiert. Hier trifft er seine aus Kaiserslautern deportierten Eltern Leopold und Karoline Roelen wieder.

Die Eltern Leopold und Karoline Roelen werden am 22.10.1940 direkt aus Kaiserslautern in das Lager Gurs deportiert.

Deportationsliste nach Gurs 22.10.1940.(Nr.: 218, Nr.: 219)

Die Leidensgeschichte der Familie Roelen verschärft sich durch die Inhaftierung in Gurs und später in den Lagern Noé und Récébédou. Der Aufenthalt in Gurs war so organisiert, dass Männer und Frauen getrennt leben mussten.

„Die niederen Holzbaracken sind von primitivster Bauart, mit undichten Wänden, durchlöcherten Boden. Ursprünglich hatten sie keine Fenster und auch jetzt besitzen nur wenige diesen Luxus, so dass die Insassen sich den ganzen Tag in völliger Dunkelheit befinden, nur abends werden während einiger Stunden die vorhandenen spärlichen elektrischen Lampen unter Strom gesetzt. Die wenigen Waschgelegenheiten befinden sich ebenfalls außerhalb der Baracken und sind halboffene Verschläge mit Kübeln, wie sie auf Bauplätzen zu sehen sind. Das allerschlimmste ist der Lehmboden, der durch die vielen Regenfälle dieser Gegend und durch das viele Begehen in ein Schlammmeer verwandelt wurde“.

Aus Roland Paul: Pfälzer Juden und ihre Deportation nach Gurs., 2017, Seite 27.

Nach Ankunft am 10 km entfernten Bahnhof von Oloron-Sainte-Marie, wurden die Menschen in Bussen in das Lager Gurs verbracht. Das Gepäck wurde ihnen abgenommen und auf einen großen Haufen gestapelt. Über die hygienischen Zustände und die mangelhafte Verpflegung im Lager wissen wir aus Berichten. Viele Deportierte wurden krank und vor allem ältere Menschen starben schon kurz nach der Ankunft.

Die Eltern werden im März 1941 zuerst nach Récébédou, ab 01.10.1942 in das Lager nach Noé deportiert. Leopold Roelen stirbt dort am 05.07.1943.

Karoline Roelen bleibt bis zum 17.08.1943 in Noé und wird auch dort befreit. Sie stirbt 1963 im französischen Montauban.

Jakob Roelens Schicksal ist geprägt durch die Internierungen in Gurs und seit 1941 auch in Récébédou. Im Februar 1943 kehrt er jedoch wieder zurück nach Gurs. Kurze Zeit später wird er von dort nach Drancy gebracht. Am 04.03.1943 dann im Transport Nr. 50 nach Majdanek und dort ermordet.

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Gedenktafel Drancy

Die Familie Roelen erlebte einen typischen Leidensweg einer jüdischen Familie aus der Pfalz. Aus einem ‚normalen‘ Leben in Kaiserslautern wird die Familie Opfer von Deportation, Entrechtung und Ermordung.  Von der gesamten Familie sind keine Fotos überliefert. Außer den wenigen Eintragungen auf der Städtischen Meldekarte gibt nur spärliche Informationen.