Biografie Otto Latterner

Recherche: Michael Wiesheu Stand: 9.11.2017

Otto Latterner
Otto Latterner 1936 9)

Otto Latterner wurde am 30.8.1898 in Kaiserslautern geboren und starb im Konzentrationslager Sachsenhausen am 1.4.1943. Er war der Sohn von Friedrich und Karoline Latterner (geborene Theiß)3). Sein Vater wurde am 7.12.1867 in Ulmet geboren und verstarb am 31.10.1911 in Kaiserslautern. Er war von Beruf Fuhrmann. Die Mutter wurde am 27.12 1873 in Dennweiler-Frohnbach geboren und lebte bis zu ihrem Tod am 1.11.1953 in Kaiserslautern. Der Vater starb schon 1911 und die Mutter versuchte, sich und ihre noch 8 Kinder als Tagelöhnerin zu ernähren.

Über das Leben von Otto Latterner ist folgendes bekannt 1), 2), 9):

Bis zum 11. Lebensjahr verbrachte er seine Kindheit im Elternhaus. Danach lebte er bei seinem Onkel Jakob Latterner in Ulmet (Kreis Kusel), bei dem er ab 1912 eine Ausbildung zum Korbmacher machte. Nach 8 Klassen in der Volksschule besuchte er nach eigenen Angaben 2 Jahre lang eine Gewerbeschule und für 6 Monate eine Kunstgewerbeschule für Korbmacher.

Schon als Jugendlicher beging er Diebstähle, die zur vorübergehenden Fürsorge-Erziehung mit einer Heimunterbringung in Enkenbach im Jahr 1914 führten. Aus dem Heim entwich er im Sommer 1914 im Alter von 16 Jahren nach Luxemburg, wo er aber bedingt durch den Kriegsausbruch nicht bleiben konnte. Er begab sich auf Wanderschaft und ernährte sich durch Gelegenheitsarbeiten und Diebstähle. Eine Verurteilung in Köln führte zu seiner ersten Strafverbüßung mit 17 Jahren im Jahr 1916. Nach seiner Haftentlassung wurde er im Oktober 1917 zum Kriegsdienst eingezogen, wo er sich nach einigen Monaten eine schwere Lungenentzündung zuzog. Wegen dieser Erkrankung konnte er erst im März 1919 aus der Armee entlassen werden. In den kommenden Jahren hielt er sich im Raum Aachen, im Saarland und an verschiedenen Badeorten (u.a. in Swinemünde) auf, wo er als selbständiger Korbmacher nach Arbeit suchte.

Ab 1933 lebte er in Berlin als Korbmacher und plante zu heiraten. Nachdem die Beziehung jedoch auseinanderging, wurde er wieder straffällig, bei Einbrüchen in die Villen wohlhabender Berliner ertappt und zu 6 Jahren Zuchthaus mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.

Zuchthaus Goerden
Zuchthaus u. Sicherungsanstalt
Brandenburg-Görden10)

Die Zuchthausstrafe verbüßte er im Zuchthaus Brandenburg-Görden. Sie endete im Oktober 1941, er trat dann in die Sicherungsverwahrung über.

Max Wendland, Mitarbeiter der Gedenkstätten Brandenburg an der Havel teilte am 6.4.17 mit:

„ Am 21.01.1943 wurde er dann zusammen mit 197 weiteren Sicherungsverwahrten vom Zuchthaus Brandenburg-Görden an die Polizei abgegeben und kam in das Konzentrationslager Sachsenhausen6). Seine Überstellung erfolgte im Rahmen der Absprache zwischen Justiz und SS über die „Abgabe asozialer Gefangener an die Polizei zur Vernichtung durch Arbeit“ vom Oktober 1942 7). Im Rahmen dieser Absprache wurden fast alle Sicherungsverwahrten oder zur Sicherungsverwahrung verurteilten Gefangenen des Zuchthaus abgegeben und in die KZ Mauthausen, Sachsenhausen oder Buchenwald gebracht.“1.

KZ Sachsenhausen
KZ-Sachsenhausen 1)

Am 21. Januar 1943 kam Otto Latterner in das Konzentrationslager Sachsenhausen bei Oranienburg mit der Häftlingsnummer 57412 unter der Häftlingskategorie „Sicherungsverwahrung“ (mit grünem Winkel). Er starb dort am 1.4.1943, ohne dass die Todesursache benannt wurde 1).

Über die Eltern, Geschwister und das Leben der Familie ist einiges überliefert 3): Die Eltern heirateten am 2.3.1895 in Kusel und wohnten in Dennweiler-Frohnbach. Am 23.9.1896 zog die Familie vom Kreis Kusel nach Kaiserslautern in die Erbsengasse 1 und später am 13.4.1901 in das eigene Haus in der Birnstrasse 12, das wahrscheinliche Geburtshaus von Otto Latterner. Die Familie hatte neun Kinder:

Friedrich („Fritz“), geboren in Dennweiler-Frohnbach, Kreis Kusel, am 2.1.1895, gestorben am 6.7.1951 in Kaiserslautern. Er war von Beruf Kraftfahrer und hatte einen Sohn Karl Friedrich, geboren am 29.10.1921 und einen Enkel Hans Wolfgang, geboren am 18.5.1944 (der nächste noch lebende direkte Verwandte).

Bruder Fritz
Bruder Fritz Latterner 4)

Karl, geboren am 2.9.1897 in Kaiserslautern, verstarb kinderlos am 2.9.1942 in Regensburg.

Otto, geboren am 30.8.1898, verstarb , ebenfalls kinderlos, im Konzentrationslager Sachsenhausen am 1.4.1943. Die Todesursache wurde in den Akten nicht benannt.

Emma Preßer, geb. Latterner, geb. am 20.5.1900 in Kaiserslautern, gestorben am 25.3.1974 lebte mit ihrer Familie in der Friedenstraße 123 in Kaiserslautern. Sie hatte 3 Kinder: Erika Preßer, Klaus Preßer und Karin Dörr, geb.Preßer. Erika kam bei einem Bombenangriff an der Eisenbahnbrücke in der Friedenstraße im Jahre 1944 ums Leben.

Schwester Emma
Schwester Emma Latterner 4)

Jakob, geb. 23.9.1901, starb als Säugling am 25.12.1901.

Ernst, geboren am 17.4.1903 in Kaiserslautern, wanderte 1926 wahrscheinlich auf Grund der Arbeitslosigkeit in die USA aus. Er heiratete in Pennsylvenia eine Farmerswitwe; Im Jahre 1935 oder 1938 verstarb Ernst an einem Magenleiden in Philadelphia 3), 8).

Bruder Ernst
Bruder Ernst Latterner 4)

Karoline Conrad, geb. Latterner wurde am 27.1.1905 in Kaiserslautern geboren und verstarb am 30.11.1988 in Waldmohr. Sie war mit Friedrich Conrad verheiratet. Das kinderlose Paar lebte mit der Mutter Karoline in der Birnstraße 12 in Kaiserslautern und betrieb in Morlautern eine Matratzenfabrik.

Schwester Karoline
Schwester Caroline Konrad 3)

Jakob, geboren am 22.2.1908, wanderte wie sein Bruder Ernst 1926 in die USA aus. Er blieb unverheiratet und arbeitete in großen Hotels als Koch. Er soll in Brooklyn/New York bei einem Hotelbrand 1962 ums Leben gekommen sein 3), 8).

BruderJakob
Bruder Jakob Latterner 3)

Ludwig, geboren am 17.9.1910, blieb kinderlos und verstarb am 8.12.1930. Über ihn ist nichts Weiteres bekannt.

Familie im Hof
MutterKaroline, Schwester Karoline Konrad mit ihrem Mann Friedrich Conrad und Hund Tily im Hof Birnstraße 12 4)

Der Vater starb schon im Alter von kaum 44 Jahren. Die Mutter lebte bis ins Jahr 1953 und wurde fast 80 Jahre alt. Sie wurde als liebenswerte und aufrichtige Frau beschrieben. Man nannte sie in der Familie „Ollemutter“4).

WohnviertelnachBombardement
Bismarck-, Birn-, Papiermühl- und Tannenstraße nach dem Bombardement vom 28.9.1944 4)

Nach dem Tod von Otto Latterner spitzte sich in Kaiserslautern die kriegsbedingte Situation vor allem durch mehrfache massive Bombardements zu. Das Haus der Familie in der Birnstraße 12 wurde bei einem Bombenangriff am 28.9.1944 zerstört.

provisorische  Unterkunft
Provisorische Unterkunft im Hof der Birnstraße 12 3)

Zunächst lebte die Mutter deshalb mit der Tochter Karoline und ihrem Schwiegersohn bei der Tochter Emma in der Friedenstrasse 123. Ab 1948 wohnte sie in einem renovierten Anbau im Hof des zerbombten Anwesens. Das Haus wurde 1952 wieder aufgebaut. Ende der Vierziger, Anfang der Fünfziger Jahre verzog die Familie nach Erdesbach im Kreis Kusel, wo der direkte Nachfahre Hans Wolfgang heute noch mit seiner Familie lebt3).

Birnstr 12 heute
Das wieder aufgebaute Haus in der Birnstraße 12 im Jahre 2017 11)

In meinem Beruf betreue ich Menschen wie Otto Latterner. Sie erhalten Unterstützung dafür, sich wieder an die Gesetze zu halten und das gelingt auch den meisten. Der Stolperstein für Otto Latterner kann helfen, dass der Mensch Otto Latterner nicht ganz vergessen wird, und er macht mir deutlich, wie wichtig ein humaner Rechtsstaat ist.

Quellen:

  1. Auskunft der Gedenkstätte des KZ Sachsenhausen und Homepage www.stiftung-bg.de
  2. Archiv der Stadt Kaiserslautern (Herr Aulenbacher und Herr Klemenz)
  3. Daten und Fotos der Eltern, Geschwister u. übrigen Familienmitglieder: Hans Wolfgang Latterner, Erdesbach,
  4. Klaus Preßer: Beiträge zu einer Geschichte der Familie Heyel/Preßer, Kaiserslautern 2002 (Pfalzbibliothek Kaiserslautern 1 b 5942)
  5. Digitales Archiv ITS Bad Arolsen
  6. Transportlisten des Zuchthaus Brandenburg-Görden vom 21.01.1943: Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA Potsdam), Rep. 29 Zuchthaus Brandenburg-Görden, DO/10 Transportlisten, Blatt 304
  7. Nikolaus Wachsmann (2006): Gefangen unter Hitler – Justizterror und Strafvollzug im NS-Staat / Sylvia de Pasquale (2013):  Zwischen Resozialisierung und ‚Ausmerze‘. Strafvollzug in Brandenburg an der Havel (1920-1945)
  8. Auskunft Roland Paul März 2017
  9. Gefangenenakte im Brandenburgischen Landeshauptarchiv BLH,Rep.29 Zuchthaus Brandenburg Nr. 7956
  10. Homepage der Gedenkstätten Brandenburg/Havel – Zuchthaus und Sicherungsanstalt Brandenburg-Görden http://www.stiftung-bg.de Brandenburg-Görden
  11. Foto: Elisabeth Merkert