Recherche: Michael Wiesheu und Dr. Doris Lax
Am 29.10.18 wurden vor dem St. Christophorus-Heim in der Logenstraße 44 zu dem dort schon vorhandenen Stolperstein für Heinrich Wagner drei weitere Steine gelegt:
Mit Wilhelm Franzreb, Jacob Huber und Wilhelm Papst gedenken wir dreier Opfer des Nazi-Terrors, die weder politisch interessiert oder engagiert waren noch ihrer Religion wegen – wie die unbeschreiblich große Zahl unserer jüdischen Mitmenschen – verfolgt, entrechtet, interniert und ermordet wurden, sondern nur deshalb, weil sie vom Terrorregime als unpassend, ja „schädlich“ für die Gesellschaft abgestempelt wurden.
Viele dieser Misfits – der nicht in die Ideologie und das Menschenbild des Nationalsozialismus Passenden und Entrechteten – wurden von den Nationalsozialisten schlicht als „Asoziale“ abgestempelt und von Beginn an verfolgt, ab 1934 in immer neu aufgelegten systematischen sogenannten „Säuberungsaktionen“.
Wilhelm Johannes Papst wurde am 14. Mai 1910 in Kaiserslautern geboren, war katholisch und verdiente sein Auskommen als Schiffsjunge, Arbeiter und Kraftfahrer. Lebte er bis zu seinem 19. Lebensjahr bei den Eltern, sind ab dann zahlreiche Meldeadressen in Kaiserslautern wie auch Ab- und Wiederanmeldungen in und aus anderen Orten bekannt.
Ende 1931 heiratete er Kätchen Kimm aus Hengersdorf im Kreis Alsfeld, mit der er 5 Kinder hatte: Willy, der am 16. September 1931 in Alsfeld geboren wurde, Tochter Marie Jolanthe, am 28. August 1932 in Rainrod bei Alsfeld zur Welt gekommen, Gottfried Heinrich, der am 6. Mai 1934 in Kaiserslautern das Licht der Welt erblickte, sowie die Zwillinge Peter und Karl, die bei der Geburt am 18.5.1935 verstarben.
Die Ehe von Wilhelm und Kätchen wurde im Februar 1937 geschieden, nachdem Kätchen im Juli 1936 Marie zur Welt gebracht hatte, die im Januar 1937 verstarb. Eine Woche vor dem Tod des Mädchens bestätigte ein Gerichtsurteil, dass es nicht Wilhelms Tochter sei. Den zahlreichen auf der Meldekarte vermerkten Orts- und Wohnungswechseln zufolge scheint Wilhelm Papsts Leben recht unstet gewesen zu sein, er lebte in jungen Jahren zeitweise in Obdachlosen-Unterkünften, zog mit seiner jungen Familie öfter um, unter anderem nach Paris, und musste eine, möglicherweise zwei Haftstrafen verbüßen. Über die Gründe dafür lässt sich nur spekulieren.
In den Fokus des Nazi-Regimes geriet Wilhelm aber offenbar nicht wegen politischer Umtriebe, sondern weil auch er als den Machthabern als „asozial“ galt, wie eine Zeitungsnotiz (NSZ, vom 11.10.1935) belegt:
„Der wiederholt vorbestrafte Wilhelm Papst, wohnhaft Friedenstraße, wurde durch die Polizeidirektion Kaiserslautern wegen fortgesetzten asozialen Verhaltens und Verweigerung von Pflichtarbeit am Dienstag, den 8. Oktober 1935, in Schutzhaft genommen und am nächstfolgenden Tag in das Konzentrationslager Dachau überführt.“
Ob der als „Asozialer“ und möglicherweise als „Berufsverbrecher“ gebrandmarkte Wilhelm Papst aus dem KZ Dachau entlassen oder direkt von dort ins KZ Sachsenhausen verlegt wurde, kann ebensowenig mit Sicherheit gesagt werden wie der Zeitpunkt seiner seiner Überführung ins KZ Sachsenhausen bekannt ist.
Wilhelm Johannes Papst starb am 18. April 1944 im Alter von 34 Jahren in Sachsenhausen. Er gehört wie viele andere zu den weitgehend vergessenen Verfolgten der NS-Zeit. Da er in seinem Leben überwiegend auf Wanderschaft war und keine dauerhafte Heimat zu haben schien, wurde als Ort seines Gedenkens das St. Christophorusheim in der Logenstraße 44 gewählt.
Quellen:
Adressbuch Kaiserslautern 1938
Meldekarte im Stadtarchiv Kaiserslautern, ausgewertet durch Mario Aulenbacher und Harald Hanke
Mitteilungen der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Sachsenhausen
Zeitungsartikel NSZ vom 10.11.1935, Stadtarchiv Kaiserslautern