Biografie Familie Sklarek

Recherche: Michael Wiesheu im August 2014

Moritz Sklarek

geboren 26.08.1877 in Kleczczewo/Polen,
Kaufmann, – Maschinenstickerei und Sackhandlung

Thekla Sklarek

geborene Felsenthal, geboren 28.08.1883 in Odenbach/Glan
Ehefrau von Moritz; Beruf: Liegenschaftsvermittlerin

Ludwig Sklarek

geboren 18.01.1914 in Kaiserslautern

Helene Sklarek

geboren 18.07.1917 in Kaiserslautern

Jakob Sklarek

geboren 15.03.1922 in Kaiserslautern

Hermann Sklarek

geboren 14.02.1920 in Kaiserslautern

Heinrich Sklarek (Enkelkind)

geboren 26.04.1937 in Frankfurt/Main, Sohn von Helene

Schicksal der Familie

Familie Sklarek, (auch Schklarek oder Sklarz) lebte 1929 bis 1938 in der Humboldtstraße 6 in Kaiserslautern:

SklarekHumboldtstrasse6

Die Eltern Moritz und Thekla Sklarek, geborene Felsenthal, heirateten am 18.2.1913, hatten 4 Kinder (Ludwig, Helene, Jakob und Hermann) und 1 Enkelkind (Heinrich). Die Familie wurde (vermutlich alle gemeinsam) am 28.10.1938 nach Bentschen (Zbaszyn)/Polen verschleppt und danach vermutlich im Konzentrationslager Lublin ermordet. Möglicherweise gehörten sie zu den bis Herbst 1939 an der polnischen Grenze Internierten, die erst nach dem deutschen Überfall auf Polen in Vernichtungslager in Polen deportiert wurden.

Moritz (auch Moses) Sklarek, wurde am 26.08.1877 in Klesczczewo/Polen geboren (Sohn von Gylka Schafir und Leib Sklarz); der Vater war Bäcker in Kalisz. Seit der Hochzeit am 18.2.1913 war er in Kaiserslautern gemeldet, er war aus Brüssel zugezogen. Von Beruf war er Kaufmann und betrieb in Kaiserslautern eine Maschinenstickerei und Sackhandlung in der Eisenbahnstraße 52. Zeitweise hatte er in der Marktstraße 5 einen Tabakwarenladen, wo die Familie von 1915 bis 1926 auch mit Wohnsitz gemeldet war. Als weitere Wohnungen sind die Ziegelstraße 15, Stiftsplatz 1 (13.2.1918-22.3.1915) sowie der Grüne Graben 14 (22.3.1915-12.8.1929) angegeben. Die letzte Wohnung bis zur Deportation war in der Humboldtstraße 6 (12.8.1929- 28.10.1938).

Seine Frau Thekla Sklarek, geborene Felsenthal, geboren am 28.08.1883 in Odenbach/Glan (Beruf: Liegenschaftsvermittlerin) war das zweitälteste Kind der Eltern Jakob Felsenthal (geb. 8.3.1851 in Odenbach/Glan, gestorben 25.3.1920 in Kaiserslautern) und Bertha Kaufmann (geb. 1.2.1850 in Odenbach, gestorben 9.3.1939 in Kaiserslautern). Sie hatte 8 Geschwister. Die weitverzweigten Familien beider Eltern waren seit Jahrhunderten in Odenbach und Umgebung ansässig und lebten vom Handel.

Theklas Familie zog 1903 nach Kaiserslautern und betrieb dort in der Ländelstraße 46 einen Kohlen-, Obst- und Alteisenhandel; ihre Brüder hatten später mehrere Gewerbebetriebe in Kaiserslautern. Sie selbst arbeitete zeitweise in dergroßen Zigarrenfabrik Felsenthal in der Barbarossastraße (deren Inhaber keine direkten Verwandten waren).

Zur Namensgebung jüdischer Familien allgemein sowie der Familie Felsenthal schreibt Alfred Wendel:

„… Durch das Napoleonische Dekret vom 20.7.1808 sahen sich die Juden im französischen Staatsgebiet gezwungen, bestimmte Vornamen und Familiennamen anzunehmen. … Danach sollte bei jeder Mairie, wo sich Juden niedergelassen hatten, ein doppeltes Register angelegt werden, in dem die Erklärung der Juden, wie sie künftig hinsichtlich ihrer Namen zu verfahren gedächten, protokolliert werden sollte. …
Die Version der Cäcilie Felsenthal, wie es zu der Bildung des Namens Felsenthal kam, ist: Mein Urgroßvater Isaak, geboren im Jahr 1732, …(antwortete) während eines gewöhnlichen Schulunterrichts zur Namenserklärung `von woher?`…: ‚Ich komme über Fels und Thal` “.

Die Kinder:

  1. Ludwig Sklarek geboren 18.01.1914 in Kaiserslautern; es sind keine weiteren Informationen über sein Leben bekannt.
  2. Helene Sklarek geboren 18.07.1917 in Kaiserslautern
    Als junge Mutter hatte sie einen Aufenthalt im Heim “Isenburg”: 07.05.1937 – 01.07.1937, wo ihr Sohn auch zur Welt kam; danach war sie wieder mit Wohnsitz in Kaiserslautern bei den Eltern gemeldet.
  3. Hermann Sklarek geboren 14.02.1920 in Kaiserslautern; es ist nichts weiteres über ihn bekannt.
  4. Jakob Sklarek geboren 15.03.1922 in Kaiserslautern; es sind keine weiteren Informationen über sein Leben bekannt.

Enkelkind:

Heinrich Sklarek geboren 26.04.1937 in Frankfurt/Main, Sohn von Helene

Sein Aufenthalt im Heim “Isenburg” in Frankfurt ist belegt seit dem 30.6.1937. Seit dem 29.07.1937 war er mit seiner Mutter in der Wohnung der Großeltern in Kaiserslautern gemeldet.

Eine Zeitzeugin erinnert sich an den Tag der Deportation:

Inge Brück lebte mit ihrer Familie in der Humboldtstraße 15 schräg gegenüber der Familie Sklarek. Die Familie habe im Erdgeschoß gewohnt; die Tür zur Straße habe man immer geschlossen gehalten. Die Sklareks hätten sehr zurückgezogen gelebt, die Männer trugen Hüte und seien immer als Gruppe unterwegs gewesen. Frau Sklarek, eine kleine untersetzte mollige Frau mit Brille und dunklem Mantel müsse auch irgendwo gearbeitet haben, sie sei jeden Tag erst nachmittags heimgekommen. Man habe wenig Kontakt zu den Nachbarn gehabt, aber sie habe oft mit anderen Kindern im Gässchen neben der Humboldtstraße 6 gespielt und man sei immer gut mit der Familie Sklarek ausgekommen. Ab und zu habe sie die Tochter (Helene) mit ihrem Baby gesehen. Als sie 10 bis 12 Jahre alt gewesen sei, habe sie beobachtet, dass ein Auto vorfuhr und 3 Männer in schwarzen Ledermänteln die Männer abgeholt hätten; am gleichen Tag am Nachmittag hätten 2 Männer auch die heimkehrende Frau Sklarek abgepasst und mitgenommen. Man sei davon ausgegangen, dass die jüdische Familie zwangsweise an einem unbekannten Ort angesiedelt werde, erst später habe man vermutet, dass alle in ein Lager gekommen sein könnten. Das Haus Humboldtstraße Nr. 6 sei später im Krieg nach Brandbombenabwurf wie viele Nachbarhäuser ausgebrannt.

Zur Deportation polnischstämmiger Juden schreibt das Gelsenzentrum Gelsenkirchen: „Im Rahmen der so genannten „Polenaktion“ am 28. und 29. Oktober 1938 wurden etwa 18.000 Juden polnischer Staatsangehörigkeit (so genannte „Ostjuden“) über Nacht aus dem „Dritten Reich“ ausgewiesen. Diese Diskriminierungsmaßnahme des NS-Regimes gegenüber den Juden stellte einen ersten Höhepunkt der Verfolgung dar und war der eigentliche Auftakt zur Vernichtung der europäischen Juden. Ein Großteil der Deportierten sammelte sich in dem damaligen Grenzort Bentschen (Zbąszyń). Der Verbleib der in Bentschen (Zbąszyń) internierten Menschen hing von verschiedenen Faktoren ab. Konnten sie Bentschen nicht auf irgendeinem Wege vorzeitig verlassen, verblieben sie dort bis zur allmählichen Auflösung des Lagers im Sommer 1939. Vielen anderen indes gelang es nicht mehr rechtzeitig vor dem deutschen Überfall, aus Polen zu fliehen. Sie wurden während der Zeit der deutschen Besatzung in die Vernichtungslager verschleppt und dort ermordet.“

Das war auch das Schicksal der sieben Familienmitglieder der Familie Sklarek. Ludwig Sklarek kehrte zwar für kurze Zeit nach Kaiserslautern zurück. Bei der Volkszählung am 17. Mai 1939 wurde er in der Marktstraße 50 registriert. Sehr wahrscheinlich konnte Ludwig wie andere Deportierte (so auch Anna Auerbach, – siehe Biografie Familie Auerbach) nach der Verschleppung nach Polen in seine Heimatstadt zurückkehren, um die finanziellen Angelegenheiten seiner Familie zu regeln. Das half der Familie jedoch offenbar nicht, ihr Leben zu retten. (Quelle: MtL – Mapping the Lives)

Alica Besanchi, geb. Felsenthal (= Aliza Basnitzki), eine Nichte von Thekla meldete an das Dokumentationszentrum Yad Vashem-Zentrale Datenbank der Holocaustopfer den Verbleib mehrerer Familienmitglieder in Lublin/Polen.

Von den 7 Mitgliedern der Familie Sklarek gibt es seit der Deportation in das besetzte Polen keine Nachrichten mehr. Es ist davon auszugehen, dass sie alle im Lager ihr Leben lassen mussten.

Quellen:

  • Einwohnerverzeichnisse Kaiserslautern 1920-1936 und Meldekartei des Stadtarchivs Kaiserslautern
  • Gespräch mit Frau Hertha Salus, geborene Heilpern geb. 1909 am 20.1.2014
  • Gelsenzentrum – Gemeinnütziger Verein für regionale Kultur- und Zeitgeschichte Gelsenkirchen -homepage-Die Vertreibung der polnischen Juden aus Deutschland 1938 www.gelsenzentrum.de
  • Gedenkbuch für das Heim des Jüdischen Frauenbundes in Neu-Isenburg (1907-1942) www.gedenkbuch.neu-isenburg.de
  • Alfred Wendel: Chronik Odenbach, Band 3 – Jüdisches Leben SS. 209-232
  • Yad Vashem-Zentrale Datenbank: www.yadvashem.org
  • Gespräch mit Frau Inge Brück, Enkenbach-Alsenborn, geb. 1927 am 5.8.2014